summaryrefslogtreecommitdiff
path: root/testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt
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Diffstat (limited to 'testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt')
-rwxr-xr-xtestautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt1262
1 files changed, 631 insertions, 631 deletions
diff --git a/testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt b/testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt
index c98a0c477742..b23df9eba2f9 100755
--- a/testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt
+++ b/testautomation/writer/optional/input/import/swdos.txt
@@ -1,225 +1,225 @@
-.\\\ WRITER 6 \\\
-C:\SW70\VORLAGEN\STANDARD.LAY
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-S t e f a n B r e u e r
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-G e s e l l s c h a f t d e s V e r s c h w i n d e n s
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- PA
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-Inhalt
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-S
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-SVorwort
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-S
-SDie Entwicklungskurve der Zivilisation.
-SEine Auseinandersetzung mit Norbert Elias
-S
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+Inhalt
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+SVorwort
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+SDie Entwicklungskurve der Zivilisation.
+SEine Auseinandersetzung mit Norbert Elias
+S
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SProduktive Disziplin. Foucaults Theorie der
-Disziplinargesellschaft
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+Disziplinargesellschaft
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SAdorno, Luhmann: Die moderne Gesellschaft zwischen
-Selbstreferenz und Selbstdestruktion
-S
-S
-S
-S'Nicht der Anfang, das Ende trgt die Last'.
-SFriedrich Georg Jnger und die Perfektion der Technik
-S
-S
-S
-SDer Nihilismus der Geschwindigkeit.
-SZum Werk Paul Virilios
-S
-S
-S
-STechnik und Wissenschaft als Hierophanie
-S
-S
-S
-SGtterdmmerung
-S
- SPA
-SVorwort
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-S... Wir ordnens. Es zerfllt.
-S Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.
-S Rilke, Duineser Elegien
-S
+Selbstreferenz und Selbstdestruktion
+S
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+S'Nicht der Anfang, das Ende trgt die Last'.
+SFriedrich Georg Jnger und die Perfektion der Technik
+S
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+SDer Nihilismus der Geschwindigkeit.
+SZum Werk Paul Virilios
+S
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+STechnik und Wissenschaft als Hierophanie
+S
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+SGtterdmmerung
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+ SPA
+SVorwort
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+S... Wir ordnens. Es zerfllt.
+S Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.
+S Rilke, Duineser Elegien
+S
SDie Gegenwart, so versichert man uns seit einiger Zeit, stehe im
Zeichen eines groen Verschwindens. Die Metaerzhlungen, welche
die Spielregeln des modernen Wissens legitimierten, lsten sich
@@ -239,8 +239,8 @@ Mathesis universalis zerbreche. Auflsung des Ganzen, Ende der
Einheit, Obsoletheit der Totalitt: "Absolutheit ist nur noch
eine Idee, ein archimedischer Punkt ist undenkbar, das Operieren
ohne letztes Fundament wird zur Grundsituation" (Welsch 1988,
-187).
-S
+187).
+S
SDem Verschwinden der Totalitt, heit es weiter, korrespondiert
das Erscheinen der Pluralitt, dem 'Koma der Moderne' (Matthieu)
die Geburt der Postmoderne. Wo der szientifische Diskurs der
@@ -265,8 +265,8 @@ Entwicklungslogik des Wissens, sondern auch die der Gesellschaft
fr sich haben (Welsch 1988, 218, 4). Das Verschwinden des
Ganzen sei nicht mehr aufzuhalten, die Freisetzung der Teile
unvermeidlich. "Die Postmoderne beginnt dort, wo das Ganze
-aufhrt" (ebd. 39).
- S
+aufhrt" (ebd. 39).
+ S
SNun gibt es wenig Grnde, die Moderne vor der Kritik zu
schtzen. Die meisten der gegen sie vorgetragenen Gravamina
bestehen zu Recht. Es gibt aber auch keinen Grund, sich einem
@@ -287,8 +287,8 @@ unberwindliche Hindernis fr die hegemonialen Tendenzen des
konomischen Diskurses liege in der Heterogenitt der Satz-
Regelsysteme, deutet jedoch genau in diese Richtung. Wer der
zerstrerischen Gewalt der Moderne nur Stze entgegenzusetzen
-hat, hat ihr schon nichts mehr entgegenzusetzen.
-S
+hat, hat ihr schon nichts mehr entgegenzusetzen.
+S
SSchlielich sind auch die Bundesgenossen, auf die sich der
Postmodernismus glaubt sttzen zu knnen, alles andere als
vertrauenerweckend. Es mag ja sein, da mit den Innovationen von
@@ -303,8 +303,8 @@ Monopolanspruchs der Wissenschaft" oder als Anzeichen fr eine
Beendigung der "Hegemonie szientifischer Orientierung" nehmen
(Welsch 1988, 188, 222). Die Flexibilisierung der Wissenschaft
und die Erweiterung ihres Methodenarsenals begrnden ihre
-Expansion, nicht ihre Selbstlimitation.
-S
+Expansion, nicht ihre Selbstlimitation.
+S
SWie die Postmodernisten ihre eigenen Strke berschtzen, so
unterschtzen sie die des Gegners. Die Rede von den groen
Erzhlungen suggeriert, da Totalitt nichts weiter sei als eine
@@ -340,8 +340,8 @@ herrschende Orientierung aus. Er sollte aber nicht die Illusion
verbreiten, es handle sich um mehr als den Genu von
Henkersmahlzeiten. Das Ende der Moderne wird nicht der Aufgang
der Postmoderne sein, sondern das Ende der Welt, genauer: der
-bewohnbaren Welt.
-S
+bewohnbaren Welt.
+S
SSo jedenfalls legt es die dialektische Denkbewegung nahe, die
das Verhltnis von Erscheinen und Verschwinden ganz anders fat
als der Postmodernismus. Whrend der letztere das Signum der
@@ -373,8 +373,8 @@ Verwirklichungsform des Abstrakt-Allgemeinen (...). Diese
Verkehrung, wodurch das Sinnlich-Konkrete nur als
Erscheinungsform des Abstrakt-Allgemeinen, nicht das Abstrakt-
Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft des Konkreten gilt,
-charakterisiert den Wertausdruck" (Marx 1867, 771).
-S
+charakterisiert den Wertausdruck" (Marx 1867, 771).
+S
SDiese Konzeption ist festzuhalten, weil sich nur mit ihrer Hilfe
Einsicht in die komplizierte Architektur der modernen
Gesellschaft gewinnen lt. Sie ist aber zugleich zu
@@ -412,8 +412,8 @@ Ordnungen fhrte - und zwar deshalb, weil sich hinter dem Wesen
'Kapital' noch ein weit umfassenderes Wesen befand: die
Menschheit. Was immer die Althusser-Schule an Gegenargumenten
gebracht hat: Marx hat, soweit er Revolutionstheoretiker sein
-wollte, den anthropologischen Diskurs niemals verlassen.
-S
+wollte, den anthropologischen Diskurs niemals verlassen.
+S
SDer anthropologische Diskurs aber macht blind. Er zwingt dazu,
die Bewegung des Scheins als eine Scheinbewegung anzusehen und
die mit ihr verbundenen Zerstrungen in Fortschritte umzudeuten.
@@ -436,8 +436,8 @@ ist, knnte aber vielleicht dazu beitragen, das Tempo des
Erscheinens (und damit auch: des Verschwindens) zu verlangsamen.
Die Transformation der Anthropologie in Entropologie, wie sie
Claude Lvi-Strauss schon vor langer Zeit gefordert hat, wre
-dazu ein erster Schritt:
-S
+dazu ein erster Schritt:
+S
S"Die Welt hat ohne den Menschen begonnen und wird ohne ihn enden. Die Institutionen, die Sitten und Gebruche, die
ich mein Leben lang gesammelt und zu verstehen versucht habe, sind die vergnglichen Blten einer Schpfung, im
Verhltnis zu der sie keinen Sinn besitzen; sie erlauben bestenfalls der Menschheit, ihre Rolle im Rahmen dieser
@@ -449,8 +449,8 @@ Tages endgltig sein wird. Seitdem der Mensch zu atmen und sich zu erhalten bego
Feuers bis zur Erfindung der atomaren Vorrichtungen, hat er - auer wenn er sich fortgepflanzt hat - nichts anderes getan
als Millionen von Strukturen zerstrt, die niemals mehr integriert werden knnen ... Statt Anthropologie sollte es
Entropologie heien, der Name einer Disziplin, die sich damit beschftigt, den Proze der Desintegration in seinen
-hchsten Erscheinungsformen zu untersuchen" (Lvi-Strauss 1970, 366f.).
-S
+hchsten Erscheinungsformen zu untersuchen" (Lvi-Strauss 1970, 366f.).
+S
SDie in diesem Band gesammelten Studien suchen die Mglickeit
einer solchen dialektischen Entropologie auszuloten. Dies
geschieht in einem eher indirekten Verfahren, das den neuerdings
@@ -467,8 +467,8 @@ Wachstum und mehr Kommunikation mit dem Bruder Regenwurm: vom
Erhabenen zum Lcherlichen, man wei es, ist nur ein Schritt.
Die Kritische Theorie hatte gute Grnde, als sie sich weigerte,
positiv zu werden und statt dessen darauf bestand, das Gemeinte
-nur indirekt, auf dem Wege der Kritik, zur Sprache zu bringen.
-S
+nur indirekt, auf dem Wege der Kritik, zur Sprache zu bringen.
+S
SDie Kritik ist doppelgleisig angelegt. Auf der einen Seite
verteidigt sie die Idee einer Gesellschaft des Verschwindens
gegenber Konzeptionen, die den Proze der Modernisierung
@@ -484,17 +484,17 @@ Entropie in Zusammenhang gebracht hat und deshalb als der
bezeichnet worden ist - Friedrich Georg Jnger. Das Zentrum, um
das die verschiedenen Studien kreisen, erschliet sich am
leichtesten ber den Essay 'Technik und Wissenschaft als
-Hierophanie'.
-S
- SPA
-SDie Entwicklungskurve der Zivilisation.
-SEine Auseinandersetzung mit Norbert Elias
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+Hierophanie'.
+S
+ SPA
+SDie Entwicklungskurve der Zivilisation.
+SEine Auseinandersetzung mit Norbert Elias
+S
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+S
+S
+S
SDa der historische Proze nicht blo aus isolierten Ereignissen
und Bruchstcken besteht, sondern einen bergreifenden Sinn zur
Erscheinung bringt, gehrt zu den ides directrices des
@@ -526,8 +526,8 @@ capital" zu sprechen und als dessen Hauptmerkmal die Umwandlung
der Produktion in ein "System der allgemeinen Ntzlichkeit"
herauszustellen, "als dessen Trger die Wissenschaft selbst so
gut erscheint wie alle physischen und geistigen Eigenschaften"
-(MEW 42, 323).
-S
+(MEW 42, 323).
+S
SIm 20. Jh. ist der Chor der Skeptiker, die diese
Selbstbeglckwnschung der Moderne nicht mehr akzeptieren, immer
lauter geworden. Die Bedenken richten sich, wie in anderen
@@ -559,8 +559,8 @@ der Hflichkeit, die selber eine gespielte Aufnahme, einen
Ersatz der primitiven Gastfreundschaft darstellte, uert sich
heute in einer virilen Form von Kontakt, die man 'Offenheit'
nennt, und mag letzten Endes zum gewohnheitsmigen Austausch
-schlechter Behandlung fhren" (Virilio 1978, 37).
-S
+schlechter Behandlung fhren" (Virilio 1978, 37).
+S
SOb diese Diagnosen richtig sind, wird sich sicher nur in
sorgfltigen empirischen Untersuchungen erweisen lassen. Bis
dahin aber, und vielleicht als Vorbereitung dazu, mag es
@@ -573,16 +573,16 @@ Einwnde vorstellen, die sich heute, ein halbes Jahrhundert nach
Erscheinen der ersten Auflage, aufdrngen. Abschlieend mchte
ich die Frage errtern, ob der Zivilisationsbegriff in der ihm
von Elias verliehenen Fassung ein Konzept ist, in dem sich die
-Problemlage der modernen Gesellschaft reflektieren lt.
-S
-S
-S
-S
-S
-S
-AABI
-S
-S
+Problemlage der modernen Gesellschaft reflektieren lt.
+S
+S
+S
+S
+S
+S
+AABI
+S
+S
SElias' Untersuchung beginnt mit begriffsgeschichtlichen
Erwgungen. Zivilisation, so der erste Befund, bedeutet im
deutschen Sprachraum etwas anderes als in Westeuropa, namentlich
@@ -600,8 +600,8 @@ unterschiedliche Dimensionen, die sich zuweilen zum
antithetischen Gegensatz verschrfen. Der Westen, lautet ein
wichtiger Glaubenssatz der deutschen Ideologie bis hin zu den
'Ideen von 1914', habe nur Zivilisation, wohingegen es die
-Deutschen bis zur Kultur gebracht htten.
-S
+Deutschen bis zur Kultur gebracht htten.
+S
SDa Elias sich dafr entscheidet, die deutsche Version als
Ausnahme zu behandeln und nicht weiter zu verfolgen, hngt mit
seinen Vorstellungen ber die in der gesellschaftlichen
@@ -626,8 +626,8 @@ stark auf die Integrationsebene, auf die Entstehung und
Entwicklung jener Institutionen, die ber ein besonders hohes
Steuerungspotential verfgen - die politischen Zentralorgane
bzw., wie Elias mit Weber formuliert: die Monopolorganisationen
-physischer Gewaltsamkeit.
-S
+physischer Gewaltsamkeit.
+S
SIn dieser Vorentscheidung auf analytischer Ebene liegt die
Wurzel der regulativen Idee von Elias' Zivilisationstheorie, der
"Vermutung..., da der Aufbau des 'zivilisierten' Verhaltens
@@ -645,8 +645,8 @@ im Ausbau seiner zentralstaatlichen Institutionen mehr erlebte,
ist aus diesem Grund fr die Untersuchung des
Zivilisationsprozesses weniger geeignet als etwa Frankreich, in
dem diese Institutionen eine kontinuierliche Verstrkung
-erfuhren3.
-S
+erfuhren3.
+S
SDen Ausbau des Zentralstaates in Frankreich unterteilt Elias in
drei Etappen. Die erste Etappe fllt zusammen mit der Bildung
ritterlicher Hfe zu Beginn des Hochmittelalters, welche die bis
@@ -665,8 +665,8 @@ ermglicht. Die funktionale Differenzierung beschleunigt sich
und lt neue, auf Beruf und produktiver Leistung beruhende
Eliten entstehen, die ihrerseits nach Partizipation an den
Entscheidungen des obersten Koordinations- und
-Regulierungsorgans streben.
-S
+Regulierungsorgans streben.
+S
SAus dieser Entwicklung geht - nach der Zwischenstufe einer
'erweiterten hfischen Gesellschaft', in der hfisch-
aristokratische und hfisch-brgerliche Kreise miteinander
@@ -681,14 +681,14 @@ und wird "zu einer Funktion des interdependenten
Menschengeflechts als eines Ganzen", zu einem "ffentlichen"
Monopol (II, 157). Darber hinaus zeichnen sich bereits Anstze
zu einer vierten, endgltig letzten Phase der Gesamtentwicklung
-ab:
-S
+ab:
+S
S"Man sieht die ersten Umrisse eines erdumfassenden Spannungssystems von
Staatenbnden, von berstaatlichen Einheiten verschiedener Art, Vorspiele von
Ausscheidungs- und Vormachtkmpfen ber die ganze Erde hin, Voraussetzung fr
die Bildung eines irdischen Gewaltmonopols, eines politischen
-Zentralinstituts der Erde und damit auch fr deren Pazifizierung" (II, 452).
-S
+Zentralinstituts der Erde und damit auch fr deren Pazifizierung" (II, 452).
+S
SDen hier nur knapp skizzierten Stadien der Zentralisierung
ordnet Elias nun verschiedene Verhaltensmodelle oder -schemata
zu, die gleichsam den subjektiven Niederschlag dieses Prozesses
@@ -702,8 +702,8 @@ Ausbildung hfischer Manieren, die das gesellige Verhalten bei
Tisch, beim Spiel oder im Turnier regeln, die Orientierung an
ritterlichen Tugenden, wie sie vor allem von der Kirche (miles
christianus-Ideal), aber auch von der weltlichen Dichtung
-propagiert werden (Artusepik)4.
-S
+propagiert werden (Artusepik)4.
+S
SWhrend dieses Schema den Individuen jedoch noch uerlich
bleibt und auerhalb des Interaktionszentrums 'Hof' rasch seine
Wirkung verliert, verdichtet sich die soziale Kontrolle mit dem
@@ -730,8 +730,8 @@ knnen; Takt, Delikatesse und Stil zu Formen, von denen das
soziale berleben abhngen kann. Selbst- und Fremdbeobachtung
erreichen eine bis dahin unbekannte Intensitt, die
psychologische Kriegfhrung wird zur unentbehrlichen Waffe in
-der Prestigekonkurrenz.
-S
+der Prestigekonkurrenz.
+S
SAuch dieses neue, im Vergleich zur courtoisie ungleich strengere Schema der Affektmodellierung ist jedoch nach Elias in
der Psychostruktur noch nicht sehr fest verankert. Die Tabus und Rituale des hfischen Lebens treten dem einzelnen wohl
als klar umrissene Imperative entgegen, die ihn zu einer permanenten berwachung seiner Affekte und Triebregungen
@@ -747,8 +747,8 @@ bewuter aus gesellschaftlichen Grnden, Triebverzicht und Zurckhaltung auf. Un
Ma entsprechen hier der sozialen Stellung dessen oder derer, denen gegenber er sie sich auferlegt" (I, 186). Im
Stadium der civilit ist die gesellschaftliche Verflechtung schon so stark, um die einzelnen zur Anpassung zu zwingen,
aber noch nicht stark genug, um die Einzelheit als solche zu negieren und in einen 'Verkehrsknotenpunkt des
-Allgemeinen' (Horkheimer/Adorno) zu verwandeln.
-S
+Allgemeinen' (Horkheimer/Adorno) zu verwandeln.
+S
SWesentlich weiter in dieser Richtung geht das Schema der
civilisation, das in der zweiten Hlfte des 18. Jhs. die
civilit ablst (I, 47ff.). Getragen von den Reformgruppen des
@@ -766,8 +766,8 @@ Nationen die auereuropische Welt unterworfen und okzidentalen
Denk- und Verhaltensmustern assimiliert htten, seien zuvor im
Abendland selbst die Unter- und Mittelschichten den Standards
der Oberschichten unterworfen und assimiliert worden (II, 341,
-346, 350, 420f.)
-S
+346, 350, 420f.)
+S
SDie Stabilisierung impliziert die Verfestigung der zivilisierten
Verhaltensformen zu einem 'Panzer', der die ganze Persnlichkeit
und jede ihrer uerungen umschliet (I, 332). Dies wird durch
@@ -782,8 +782,8 @@ ein Teil der zurckgehaltenen Triebregungen und Neigungen ihm
berhaupt nicht mehr unmittelbar zum Bewutsein kommt" (II,
329). In diesem Sinne erfllt das ber-Ich in der brgerlichen
Gesellschaft die Steuerungsfunktionen, die in der hfischen
-Gesellschaft noch dem Ich vorbehalten waren.
-S
+Gesellschaft noch dem Ich vorbehalten waren.
+S
SElias bersieht nicht die Unterschiede zwischen diesen beiden
Formen der Steuerung. Im Rahmen seiner Konstruktion eines
kontinuierlich verlaufenden Zivilisationsprozesses interpretiert
@@ -805,13 +805,13 @@ erinnernde Schlupassage des Zivilisationsbuches, kann sich die
Regelung der sozialen Beziehungen auf das rein sachlich
Notwendige beschrnken, und knnen sich die Spannungen und
Widersprche auch in den Menschen selbst mildern. Dann erst
-braucht es nicht mehr die Ausnahme, sondern
-S
+braucht es nicht mehr die Ausnahme, sondern
+S
S"kann es die Regel sein, da der einzelne Mensch jenes optimale Gleichgewicht seiner Seele findet, das wir so oft mit
groen Worten, wie 'Glck' und 'Freiheit' beschwren: ein dauerhaftes Gleichgewicht oder gar den Einklang zwischen
seinen gesellschaftlichen Aufgaben, zwischen den gesamten Anforderungen seiner sozialen Existenz auf der einen Seite
-und seinen persnlichen Neigungen und Bedrfnissen auf der anderen" (II, 454. Hervorh. i.O. gestr.).
-S
+und seinen persnlichen Neigungen und Bedrfnissen auf der anderen" (II, 454. Hervorh. i.O. gestr.).
+S
SDie groe Linie ist damit klar. Zivilisation ist fr Elias ein
Proze, in dessen Verlauf sich immer strengere Schemata der
Selbstkontrolle herausbilden und sowohl immer weitere
@@ -829,38 +829,38 @@ Insgesamt sieht er aber diese Kosten mehr als aufgewogen durch
die Distanzierungs- und Steuerungsgewinne, die dem einzelnen
sowohl als der Gesellschaft in diesem Proze zuwachsen. Etwas
vereinfacht lt sich dieser Proze in dem folgenden Schema
-darstellen:
-S
-S
-S
-S
- AABSoziogenese Ritterlich Hfisch- Brgerlich ' Welt'-
- hfische absolu- indu- gesell-
- Gesell- tistische strielle schaft
- schaft Gesell- Gesell-
- schaft schaft
-
-
-
-Steuerungs- Feudalhof Absoluti- National- Weltstaat
-Zentrum stischer Staat
- Staat
-
-
-Verhaltens- courtoisie civilit civilisa- Weltzivi-
-Code tion lisation
-
-
-Psychogenese Es/Ich Ich-Domi- ber-Ich- Gleichge-
- (undiffe- nanz Dominanz wicht von
- ziert) Ich, Es,
- ber-Ich
-
-
- PA
-II
-S
-S
+darstellen:
+S
+S
+S
+S
+ AABSoziogenese Ritterlich Hfisch- Brgerlich ' Welt'-
+ hfische absolu- indu- gesell-
+ Gesell- tistische strielle schaft
+ schaft Gesell- Gesell-
+ schaft schaft
+
+
+
+Steuerungs- Feudalhof Absoluti- National- Weltstaat
+Zentrum stischer Staat
+ Staat
+
+
+Verhaltens- courtoisie civilit civilisa- Weltzivi-
+Code tion lisation
+
+
+Psychogenese Es/Ich Ich-Domi- ber-Ich- Gleichge-
+ (undiffe- nanz Dominanz wicht von
+ ziert) Ich, Es,
+ ber-Ich
+
+
+ PA
+II
+S
+S
AAF 1. Auch der voreingenommene Betrachter wird zugestehen, da Elias'
Rekonstruktion des Zivilisationsprozesses groe Strken hat. Der
figurationssoziologische Ansatz trgt politischen, konomischen und
@@ -875,12 +875,12 @@ Glanzstcken des Buches gehrt die Herausarbeitung des Parallelismus
von Soziogenese und Psychogenese, mit der gleichsam eine Brcke
zwischen der Herrschaftssoziologie Webers, der Differenzierungstheorie
in der Tradition Durkheims und Spencers und der Freudschen
-Psychoanalyse geschlagen wird.
-
+Psychoanalyse geschlagen wird.
+
Dennoch drngen sich bei einer genaueren Betrachtung drei Einwnde
auf, die zwar aus unterschiedlichen theoretischen Zusammenhngen
-stammen, gleichwohl miteinander kompatibel sind6.
-
+stammen, gleichwohl miteinander kompatibel sind6.
+
Der erste Einwand ergibt sich aus der dialektischen Theorie und
richtet sich gegen den soziogenetischen Strang der
Zivilisationstheorie. Elias, so erscheint es aus dieser Sicht, hat nur
@@ -896,14 +896,14 @@ gesteuert wird. Das, was ihre Arbeiten gesellschaftlich gelten,
erfahren die - individuellen oder korporativen - Produzenten immer nur
post festum, in der Besttigung ihrer Produkte als Wertgren, die
erst nach Abschlu der Produktion, im Austausch, mglich ist. Hier
-jedoch gilt,
-
+jedoch gilt,
+
"da die unabhngig voneinander betriebenen, aber als naturwchsige Glieder der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit
allseitig voneinander abhngigen Privatarbeiten fortwhrend auf ihr gesellschaftlich proportionelles Ma reduziert werden, weil
sich in den zuflligen und stets schwankenden Austauschverhltnissen ihrer Produkte die zu deren Produktion gesellschaftlich
notwendige Arbeitszeit als regelndes Naturgesetz gewaltsam durchsetzt, wie etwa das Gesetz der Schwere, wenn einem das Haus
-ber dem Kopf zusammenpurzelt" (Marx, MEW 23, 89).
-AAF
+ber dem Kopf zusammenpurzelt" (Marx, MEW 23, 89).
+AAF
Unter diesen Umstnden ist es eine sehr verkrzte
Betrachtungsweise, wenn man, wie Elias, Unberechenbarkeit und Willkr
primr in der physischen Gewaltsamkeit lokalisiert und aus der
@@ -925,8 +925,8 @@ vergit jedoch hinzuzufgen, da sich dieser Naturzustand unter
brgerlichen Produktionsbedingungen in anderer Form wiederherstellt:
gewhrleistet doch die Konkurrenz die Existenz der Individuen nur auf
die Weise, "wie auch im Tierreich das bellum omnium contra omnes die
-Existenzbedingungen aller Arten mehr oder minder erhlt" (ebd. 377).
-
+Existenzbedingungen aller Arten mehr oder minder erhlt" (ebd. 377).
+
Diese berlegung zwingt dazu, einen der Eckpfeiler von Elias'
Konstruktion zu problematisieren: die Idee eines Kontinuums der
Vergesellschaftung, das sich von der ritterlich-hfischen ber die
@@ -950,8 +950,8 @@ Vereinzelungsproze in einer historisch ebenfalls beispiellosen Weise
voran. Markt, das kann man nicht nachdrcklich genug hervorheben,
aggregiert nicht nur, er disaggregiert auch; schafft nicht nur neue
Verflechtungen, sondern negiert immer auch die Verflechtungen, die er
-selbst erzeugt hat.
-
+selbst erzeugt hat.
+
Das lt sich bereits am Schicksal der kleinsten sozialen Einheit
zeigen, in der Elias mit Recht das Konditionierungsinstrument der
brgerlichen Gesellschaft par excellence sieht: der Kleinfamilie.
@@ -972,17 +972,17 @@ Interessen ausfechten mssen. Die Fragmentierung und Atomisierung
ergreift damit unwiderruflich auch jenen Bereich, der noch dem frhen,
puritanischen Brgertum als ein so sicheres Fundament gegolten hatte,
da es von ihm her die gesamte Gesellschaft erneuern zu knnen
-geglaubt hatte.
-
+geglaubt hatte.
+
"In dem zu Ende gedachten Marktmodell der Moderne wird die familien- und ehelose Gesellschaft unterstellt. Jeder mu
selbstndig, frei fr die Erfordernisse des Marktes sein, um seine konomische Existenz zu sichern. Das Marktsubjekt ist in letzter
Konsequenz das alleinstehende, nicht partnerschafts-, ehe- oder familien'behinderte' Individuum. Entsprechend ist die
durchgesetzte Marktgesellschaft auch eine kinderlose Gesellschaft - es sei denn, die Kinder wachsen bei mobilen,
-alleinerziehenden Vtern und Mttern auf" (Beck 1986, 191).
-AAF
+alleinerziehenden Vtern und Mttern auf" (Beck 1986, 191).
+AAF
Man mu nur einen Blick auf die Geburtenrate in der Bundesrepublik
-werfen, um sich vom Realittsgehalt dieser berlegungen zu berzeugen.
-
+werfen, um sich vom Realittsgehalt dieser berlegungen zu berzeugen.
+
hnliche Dekompositionserscheinungen zeigen sich auch an
komplexeren sozialen Aggregaten, die einmal die Struktur der
brgerlichen Industriegesellschaft prgten. Insbesondere der
@@ -1011,8 +1011,8 @@ Individuen in zunehmendem Mae auf sich selbst zurckgeworfen werden.
Soziale Klassen, urteilt Luhmann zutreffend, sind heute Schichten,
"die darauf verzichten mssen, Interaktion zu regulieren" (Luhmann
1985c, 131; zur Diskussion ber den Klassenbegriff vgl. auch Ritsert
-1987).
-
+1987).
+
Vielleicht mu man noch einen Schritt weitergehen und von einer
Erosion der fr die soziale Identittsbildung konstitutiven Sphre der
ffentlichkeit schlechthin sprechen. Fr Elias steht eine derartige
@@ -1051,8 +1051,8 @@ wenn Sennetts Ursachenerforschung mit dem Hinweis auf Erscheinungen
wie Skularismus und Symbolismus etwas bla ausfllt und in ihren
historischen Partien nicht durchweg zu berzeugen vermag, sollte die
Erfahrung mit den Massenbewegungen dieses Jahrhunderts Anla genug
-sein, seine Hypothesen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen8.
-
+sein, seine Hypothesen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen8.
+
Die Entwicklung der modernen Gesellschaft, dies kann als Resmee
des 'dialektischen' Einwands gegen die Zivilisationstheorie
festgehalten werden, lt sich nicht einfach unter dem Gesichtspunkt
@@ -1084,10 +1084,10 @@ der funktionalen Differenzierung nie ganz aus dem Blickfeld geriet.
Bedenkt man, da 'ber den Proze der Zivilisation' in unmittelbarer
Zeitgenossenschaft mit der grten Krise der modernen
Weltwirtschaftsordnung entstand, kann man sich ber diesen
-Reflexionsverlust nicht genug wundern.
-
-
-
+Reflexionsverlust nicht genug wundern.
+
+
+
2. Diese Kritik wird durch den zweiten Einwand erhrtet, der sich
aus dem Gang der psychoanalytischen Theoriebildung ableiten lt. Die
Integration Freudscher Begriffe, insbesondere des Strukturmodells des
@@ -1105,8 +1105,8 @@ auch deutlich zu machen, zu welch neuartigem Ergebnis diese
Vernderungen fhren: einem Sozialcharakter, der durch eine bisher
nicht dagewesene Differenzierung zwischen Ich- und ber-Ich-Funktionen
auf der einen und Triebfunktionen auf der anderen Seite gekennzeichnet
-ist (vgl. II, 390f.; 1987, 85).
-
+ist (vgl. II, 390f.; 1987, 85).
+
Diese Einsichten fhren Elias jedoch nicht zu einer Revision
seiner These vom zivilisatorischen Kontinuum. Im Gegenteil. Wie der
brgerliche Nationalstaat ihm nur als Steigerungsform der mit dem
@@ -1129,8 +1129,8 @@ aristokratischen Charakter in nuce bereits angelegt waren. Und er
besitzt dieses Mehr hauptschlich deshalb, weil die brgerliche,
familial vermittelte Erziehung einen erfolgreichen Weg gefunden hat,
um die soziale Kontrolle in das Individuum hineinzuverlagern: die
-Verinnerlichung.
-
+Verinnerlichung.
+
Aus psychoanalytischer Sicht kann man diese Auffassung nur als
sehr selektiv bezeichnen (Lasch 1985, 712ff.). Da die Verinnerlichung
ein bedeutendes Mittel der zivilisatorischen bzw. kulturellen
@@ -1154,8 +1154,8 @@ Libidoschicksale des Es. Durch seine Aufrichtung hat sich das Ich des
dipuskomplexes bemchtigt und gleichzeitig sich selbst dem Es
unterworfen. Whrend das Ich wesentlich Reprsentant der Auenwelt,
der Realitt ist, tritt ihm das ber-Ich als Anwalt der Innenwelt, des
-Es gegenber" (Freud III, 3O3).
-
+Es gegenber" (Freud III, 3O3).
+
Diese Aussage bedarf einer kurzen Erluterung. Freud teilt mit
Elias die Auffassung, da das ber-Ich im einzelnen die
gesellschaftliche Allgemeinheit vertritt und damit als Conditio sine
@@ -1179,8 +1179,8 @@ Energien, namentlich die Kastrations- und Todeswnsche gegen den
Komponenten des ber-Ichs (Freud III, 304). Die sozialisierende
Leistung des ber-Ichs ruht somit triebkonomisch gesehen auf einem
asozialen, ja antisozialen Fundament: der Aggression, die gleichsam
-nur von auen nach innen umgelenkt wird.
-
+nur von auen nach innen umgelenkt wird.
+
Diese Zusammenzwingung zweier entgegengesetzter Tendenzen fhrt
nach Freud zu einer uerst labilen Konstellation. Schon in 'Das Ich
und das Es' notiert er, da je mehr ein Mensch seine Aggression nach
@@ -1206,8 +1206,8 @@ und der Druck des Verdrngten auf das Ich (vgl. Freud IX, 258f.). Da
der Mensch jemals jenes "optimale Gleichgewicht seiner Seele" finden
knnte, wie Elias dies fr den vollendeten Zivilisationsproze in
Aussicht stellt, mu nach Freud als eine naive Utopie angesehen
-werden.
-
+werden.
+
Es ist bekannt, da Freud trotz dieser dsteren Perspektive dem
Ich noch gengend Kraft zutraute, um - notfalls mit Untersttzung der
Psychoanalyse - der Wiederkehr des Verdrngten standzuhalten. Und es
@@ -1220,8 +1220,8 @@ des Sozialen, so kann man zugespitzt formulieren, erfolgt im
Freudschen Modell auf einer Stufe, auf der das Ich bereits eine solche
Strke erreicht hat, da es seine unterschiedlichen Phantasien,
Wnsche und Objektbeziehungen zu einem kohrenten Funktionssystem zu
-integrieren vermag (vgl. Jacobson 1978, 136ff.)
-
+integrieren vermag (vgl. Jacobson 1978, 136ff.)
+
Dieses Modell ist durch den Fortschritt der psychoanalytischen
Erkenntnis nach Freud sowohl auf individual- wie auf
sozialpsychologischer Ebene relativiert worden. Auf
@@ -1246,8 +1246,8 @@ der narzitischen Energien von archaischen Objekten wie dem Gren-
Selbst und den idealisierten Eltern-Imagines (Kohut 1976; Kernberg
1978). Freuds Vorstellungen erwiesen sich vor diesem Hintergrund nicht
als falsch, wohl aber als zu stark auf die vterliche Intervention in
-der dipalen Phase fixiert.
-
+der dipalen Phase fixiert.
+
Noch weiter relativiert wurden diese Vorstellungen durch die
psychoanalytisch orientierte Sozialpsychologie, die mit plausiblen
Argumenten auf den Klassencharakter und die Historizitt der von Freud
@@ -1259,8 +1259,8 @@ die Zwnge der brgerlichen Kleinfamilie mit ihrer scharfen
Rollentrennung. Historizitt: denn dieser Familientypus kann
angesichts vernderter Arbeitsbedingungen und
Geschlechtsrollenzuweisungen als kulturell nicht mehr so bestimmend
-wie noch zu Freuds Zeiten angesehen werden.
-
+wie noch zu Freuds Zeiten angesehen werden.
+
Dafr sind viele Ursachen verantwortlich, die hier nur angedeutet
werden knnen: die 'Entwertung all der Eigenschaften, die einmal die
Vaterkultur getragen haben' (Mitscherlich), in erster Linie der
@@ -1278,8 +1278,8 @@ Person vollzog, scheint vorber zu sein. "Die unterdrckende
Trieborganisation scheint kollektiv, und das Ich durch ein ganzes
System extrafamilialer Einrichtungen und deren Vertreter vorzeitig
sozialisiert zu sein" (Marcuse 1967, 98; vgl. Mitscherlich 1968,
-185ff., 310ff.; Lasch 1986, 179ff.).
-
+185ff., 310ff.; Lasch 1986, 179ff.).
+
Da Marcuse hier von vorzeitiger Sozialisierung spricht, meint
nicht mehr und nicht weniger, als da der Zugriff des Ganzen auf das
Individuum zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der psychosexuelle
@@ -1292,14 +1292,14 @@ und ber-Ich-Strukturen nur ein vermindertes Quantum zur Verfgung
steht. Die Folge ist, da die frhkindliche Entwicklung gar nicht mehr
bis zum entscheidenden dipalen Konflikt gelangt, was wiederum
zugleich bedeutet, da die prdipalen, archaischen Anteile des ber-
-Ichs gegenber den dipalen ein bergewicht erlangen.
-
+Ichs gegenber den dipalen ein bergewicht erlangen.
+
"So haben wir heute das folgende Problem: die hemmende, kontrollierende und leitende Funktion des berichs, die heute
weitgehend mit der des Ichs zusammenfllt, ist durch die Schwche der Eltern, die nachgiebige Erziehung und das
gesellschaftliche Klima abgeschwcht. Die sexuellen und aggressiven Triebe halten sich immer weniger an Regeln. Aber wir haben
immer noch das strengere berich aus der frhen Kindheit, das in der Tiefe des Individuums fortlebt. Daraus resultieren Unruhe,
-Unbehagen, depressive Verstimmungen und Sucht nach Ersatzbefriedigungen"10.
-AAF
+Unbehagen, depressive Verstimmungen und Sucht nach Ersatzbefriedigungen"10.
+AAF
Auch fr die Psyche gilt damit, was wir bereits fr die
soziogenetische Ebene festgestellt haben: da Vergesellschaftung unter
Marktbedingungen ein hchst paradoxer Vorgang ist. Verglichen mit
@@ -1323,10 +1323,10 @@ entsprang, schlgt damit in ihr Gegenteil um: in die Wiedererzeugung
des Archaischen "in der Zivilisation durch die Zivilisation selbst"
(Adorno 1971, 42). Es spricht gegen die Zivilisationstheorie von
Elias, da sie noch nicht einmal die Mglichkeit einer derartigen
-Entwicklung errtert11.
-
-
-
+Entwicklung errtert11.
+
+
+
3. Der letzte hier zu diskutierende Einwand stammt aus der
Systemtheorie und besagt, da Elias dem Unterschied zwischen
Interaktions-, Organisations- und Gesellschaftssystemen nicht gengend
@@ -1353,8 +1353,8 @@ auch interaktionsfreie Handlungen wie z.B. schriftliche Kommunikation
ein, grenzt das Soziale vom Nichtsozialen ab und ermglicht die
Ausdifferenzierung von Subsystemen, die auf bestimmte, nur ihnen
zurechenbare Funktionen spezialisiert sind (Luhmann 1974, 143; 1982,
-11f.).
-
+11f.).
+
Mit dieser Unterscheidung verbindet Luhmann eine evolutionre
Perspektive. Obwohl keine Gesellschaft jemals ganz in Interaktionen
aufgeht, gilt doch fr archaische Gesellschaften, in denen die
@@ -1367,8 +1367,8 @@ dem diese Gesellschaften gegliedert sind, hat zur Folge, da die
Gesellschaft als Ganze durch das Kontaktnetz der Oberschicht
reprsentiert und symbolisiert wird. Oberschichteninteraktion kann
deshalb als Integrationmodus stratifizierter Gesellschaften angesehen
-werden (Luhmann 1980, 84).
-
+werden (Luhmann 1980, 84).
+
In der modernen Gesellschaft dagegen, die auf voll durchgefhrter
funktionaler Differenzierung beruht, kommt dem Interaktionssystem
keine integrative Aufgabe mehr zu. Wohl bleibt Interaktion eine
@@ -1378,16 +1378,16 @@ Delegation grundlegender Funktionen an Subsysteme, mit der Entstehung
ausgedehnter Organisationssysteme und nicht zuletzt mit der
Erweiterung zur Weltgesellschaft so komplex und berpersnlich
geworden, da sie sich durch Interaktion nicht mehr reprsentieren,
-geschweige denn bewltigen lt.
-
+geschweige denn bewltigen lt.
+
"Die Gesellschaft ist, obwohl weitgehend aus Interaktionen bestehend, fr Interaktion unzugnglich geworden. Keine
Interaktion, wie immer hochgestellt die beteiligten Personen sein mgen, kann in Anspruch nehmen, reprsentativ zu sein fr
Gesellschaft. Es gibt infolgedessen keine 'gute Gesellschaft' mehr. Die in der Interaktion zugnglichen Erfahrungsrume vermitteln
nicht mehr das gesellschaftlich notwendige Wissen, sie fhren wohlmglich systematisch in die Irre. Auch die Interaktionsfelder, die
sich unter irgendwelchen Gesichtspunkten zusammenfgen und aggregieren lassen, lenken die Aufmerksamkeit uerstenfalls auf
Funktionssysteme, vielleicht auch auf regionale Abgrenzungen (Nationen), nicht aber auf das umfassende System
-gesellschaftlicher Kommunikation" (Luhmann 1985, 585).
-AAF
+gesellschaftlicher Kommunikation" (Luhmann 1985, 585).
+AAF
Im gleichen Mae, wie die Interaktion an gesamtgesellschaftlicher
Relevanz verliert, schiebt sich die Organisation in den Vordergrund.
Dieselben Prozesse, die zur Auseinanderziehung der Systemebenen von
@@ -1402,8 +1402,8 @@ Besonderheiten: der Engfhrung von Kommunikation auf Entscheidungen
und Verknpfungen von Entscheidungen; der Bindung an Weisungsketten,
mterhierarchien und Kontrollmechanismen; der Unterwerfung unter
programmierte Ziele und Strategien; der Entlastung von moralischen
-Erwgungen und gesamtgesellschaftlichen Reflexionen.
-
+Erwgungen und gesamtgesellschaftlichen Reflexionen.
+
Allerdings bedeutet diese unbestreitbare Expansion von
Organisationen und organisationsspezifischen Verhaltensmustern nicht,
da sich die Gesellschaft in ein einheitliches Organisationssystem
@@ -1420,8 +1420,8 @@ Organisierte Sozialsysteme mgen der Rahmen sein, in dem sich ein
groer, wenn nicht der grte Teil des sozialen Alltagshandelns
vollzieht. Zu einer Megaorganisation, in der die Unterscheidung von
Gesellschaftssystem und Organisationssystem hinfllig wrde, fgen sie
-sich nicht.
-
+sich nicht.
+
Im Lichte dieser Unterscheidungen liegt der Grundmangel der
Zivilisationstheorie in der Totalisierung von Verhaltensformen, die
fr Interaktionssysteme typisch sind. Diese Totalisierung ist
@@ -1442,8 +1442,8 @@ haben (II, 416; 1975, 144f., 172ff.). Der Proze der Zivilisation,
lautet eine mehrfach wiederholte Kernthese, vollzieht sich "ohne
Bruch", "in einer immer intensiveren Ausbreitungsbewegung", die mit
der Bildung eines hfischen Sozialcharakters beginnt und - vorerst -
-mit einem von diesem abgeleiteten Nationalcharakter endet (I, 43f.).
-
+mit einem von diesem abgeleiteten Nationalcharakter endet (I, 43f.).
+
Die Behauptung aber, da die "hfisch-aristokratische
Menschenmodellierung (...) in dieser oder jener Form in die
berufsbrgerliche ein(mndet) und (...) in ihr aufgehoben
@@ -1460,8 +1460,8 @@ Aneignung des kulturellen Erbes gefhrt, sondern auch dessen
Verbindlichkeit aufgelst und dessen Homogenitt zerstrt12, und so
resultiert denn auch die Aufhebung des Privilegs nicht in der
Verallgemeinerung der in der Oberschicht geltenden Codes, sondern
-allenfalls in deren Musealisierung.
-
+allenfalls in deren Musealisierung.
+
Luhmann zufolge ist diese Entwicklung unausweichlich, denn erstens
verliert die Oberschichteninteraktion mit zunehmender
Ausdifferenzierung von Subsystemen ihren Reprsentationscharakter -
@@ -1481,8 +1481,8 @@ konzentrieren, in denen sich Rang und Ehre, Achtung oder Miachtung
dokumentierten. Wenn Zivilisation darin besteht, da man dem Umweg vor
der Abkrzung, der indirekten Aktion vor der direkten den Vorzug gibt,
so setzt sie eine Ordnung voraus, die wenigstens ber ein Gut im
-berflu verfgt: Zeit.
-
+berflu verfgt: Zeit.
+
Organisierte Sozialsysteme indes, wie sie in der
berufsbrgerlichen Gesellschaft dominieren, beruhen auf der
systematischen Verknappung von Zeit. In ihnen geht es, wie man nicht
@@ -1506,8 +1506,8 @@ Geselligkeit und galante Konversation, Zivilisierung der Gesten und
der Sprache, Takt und Respekt, alle diese Formen erweisen sich heute
als Oberschichtenphnomene, die "nach der Auflsung der
stratifizierten Gesellschaftsordnung jedenfalls nicht als
-Kultiviertheitserwartung fortgesetzt werden"14.
-
+Kultiviertheitserwartung fortgesetzt werden"14.
+
Nicht da sie vllig verschwnden. Distinktionsstrategien spielen
auch heute noch eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben, vom
ehemaligen Adel ber die Bildungseliten bis hinab zur Unterwelt
@@ -1519,16 +1519,16 @@ jener zeitgenssischen Architektur angleicht, die das Ornament zum
Verbrechen erklrte (A.Loos). Zeitkonomie und Zivilisation schlieen
einander aus. Wer diesen Gegensatz verleugnet und auch fr die
Gegenwart noch am Zivilisationsbegriff festhalten will, mu daraus
-alle Inhalte tilgen, die einmal mit Zivilisiertheit verbunden waren.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+alle Inhalte tilgen, die einmal mit Zivilisiertheit verbunden waren.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

Anhngern nicht gnzlich entgangen. Besonders Cas Wouters hat sich
ihnen gestellt und einen Trend zur Informalisierung diagnostiziert,
@@ -1570,16 +1570,16 @@ dort, wo es auf keine Schranken mehr stt, den Impulsen seiner
jeweiligen emotionalen Befindlichkeit folgt (Gerhards 1988, 237f.).
Wie dnn dabei die Linie ist, die die psychische von der physischen
Inkontinenz trennt, wei jeder, der die ffentlichen Verkehrsmittel in
-Grostdten benutzt.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+Grostdten benutzt.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

eine hfische Zivilisation im Abendland gab und da Norbert Elias ihr
Theoretiker ist. Ich bezweifle auch nicht, da diese hfische
@@ -1598,8 +1598,8 @@ vordringenden Schichten aber mit zweifachem Besitzstand die
Gesellschaft reprsentieren werden" (Kraus 1916, 7). Schlielich ist
auch unbestritten, da es in der Neuzeit eine weitausgreifende
Affektmodellierung gegeben hat, in die immer weitere Schichten
-einbezogen wurden.
-
+einbezogen wurden.
+

"evolutionr wirkende Kontinuitt des Zivilisationsbegriffs" behauptet
und die Geschichte der hfischen Affektmodellierung zur "Vorgeschichte
@@ -1630,16 +1630,16 @@ kontrolle, die fr diese Schichten mageblich sind, resultieren aus
den Zwngen dieser Welt, nicht aus den Vorgaben der
Oberschichtenkommunikation; Zivilisierung ist keine Bewegung von oben
nach unten, die immer noch andauert, sondern eine Bewegung, die die
-Kluft zwischen oben und unten zu zementieren trachtet:
-
+Kluft zwischen oben und unten zu zementieren trachtet:
+

Mechanismus zur Nivellierung der Unterschiede. Er bringt im Gegenteil verschiedenartige Wesen hervor, die auf verschiedenen
Stufen der soziokulturellen Hierarchie angesiedelt sind. Diese Menschen - das gilt selbst noch fr das Ende des Ancien Rgime - sind
durchaus nicht aus einem Stck gemacht, sondern fgen sich in Gesellschaftsschichten ein, die unterschiedliche Verhaltensstrnge
und gegenstzliche konomische Entwicklungen beerben. Mit anderen Worten, nichts wre verfehlter, als die Entwicklung der
Mentalitten vom ausgehenden Mittelalter bis zur Revolution als eine Art unbestimmten Gesamtfortschritt darzustellen, dem sich die
-einzelnen Gruppen dann mehr oder weniger vollkommen anpaten" (Muchembled 1990, 184).
-
+einzelnen Gruppen dann mehr oder weniger vollkommen anpaten" (Muchembled 1990, 184).
+

Rhythmus durch die Ausdifferenzierung neuer, eigengesetzlicher
Funktionssysteme und Organisationen bestimmt wird. Jeder dieser Schbe
@@ -1663,8 +1663,8 @@ Selbstkontrolle, Takt, 'taking the role of the other', das Spiel mit
dem Schein und nicht zuletzt auch die Technik der Simulation, die dem
protestantischen Kleinbrger als Unaufrichtigkeit erscheinen mag, in
Wirklichkeit aber die Fhigkeit bedeutet, die anderen mit der Last des
-eigenen Selbst zu verschonen (Sennett 1983, 299).
-
+eigenen Selbst zu verschonen (Sennett 1983, 299).
+

der Zivilisation. Sie verallgemeinert keineswegs die Formen, die in
der hfischen Zivilisation auf einen kleinen Kreis von Privilegierten
@@ -1706,8 +1706,8 @@ Partylrm damit rechnen mu, erschossen, erstochen oder
zusammengeschlagen zu werden, ist von der Zivilisation noch immer
genau so weit entfernt wie der von Hobbes beschriebene Kriegszustand,
"which is worst of all, continual fear, and danger of violent death;
-and the life of man, solitary, poor, nasty, brutish, and short"15.
-
+and the life of man, solitary, poor, nasty, brutish, and short"15.
+

Leitbegriff der Zivilisationstheorie zu revidieren. Anstatt in ihm
nach dem Vorbild der franzsischen Aufklrung zwei nur zufllig-
@@ -1723,20 +1723,20 @@ solche Eingrenzung htte jedenfalls den Vorzug, da sie uns deutlicher
als Elias die Vergnglichkeit der Bedingungen vor Augen fhrte, an die
Zivilisation nun einmal gebunden ist, und sie knnte es vielleicht
ermglichen, die Theorie der Zivilisierung durch die lngst
-berfllige Theorie der Entzivilisierung zu ergnzen.
-
+berfllige Theorie der Entzivilisierung zu ergnzen.
+

keine Rcksicht halten, auch als bloe Spiel-Form nicht. - Und ebenso schrumpft in einer Welt, die uns um Mue und die anderen
- Bedingungen des Privaten betrgt, die Subtilitt unseres seelischen Privatlebens" (Anders 1986, 13).
-
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+ Bedingungen des Privaten betrgt, die Subtilitt unseres seelischen Privatlebens" (Anders 1986, 13).
+
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+
+
+
+
+

Zivilisation, so wre dazu kaum etwas geeigneter als das Konzept der
Disziplinargesellschaft, das Michel Foucault in den siebziger Jahren
@@ -1757,8 +1757,8 @@ nietzscheanisches Credo, "schreitet nicht langsam von Kampf zu Kampf
bis zu einer universellen Gegenseitigkeit fort, worin die Regeln sich
fr immer dem Krieg substituieren; sie verankert alle ihre
Gewaltsamkeiten in Regelsystemen und bewegt sich von Herrschaft zu
-Herrschaft" (1974, 95).
-
+Herrschaft" (1974, 95).
+

nicht mehr zu berblicken. Vieles davon ist Einfhrung oder Paraphrase
und wird so schnell vergessen werden, wie es geschrieben wurde17 .
@@ -1768,16 +1768,16 @@ formuliert haben, da sich dessen einfache Fortschreibung oder
Kanonisierung verbietet. Ich werde zunchst Foucaults Grundgedanken
knapp skizzieren, danach die wichtigsten Gegenargumente prsentieren
und anschlieend errtern, inwieweit die Theorie der
-Disziplinargesellschaft noch zu halten ist.
-
-
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-
-
-
-
+Disziplinargesellschaft noch zu halten ist.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

Genealogie der Disziplin religisen Faktoren ein erhebliches Gewicht
zu. Schon der vorchristliche, vor allem aber der christliche Orient
@@ -1793,8 +1793,8 @@ habe, sei jene doppelte Bedeutung von 'Subjektivierung' entsprungen,
die seither das Abendland bestimmt habe: Subjektivierung im Sinne
einer Unterwerfung unter Kontrolle und Abhngigkeit und
Subjektivierung im Sinne einer Bindung an die eigene Identitt qua
-Bewutsein und Selbsterkenntnis (1987, 247f.)
-
+Bewutsein und Selbsterkenntnis (1987, 247f.)
+

nur geringe Aufmerksamkeit. Weitaus intensiver befat er sich dagegen
mit dem eigentlichen Formierungsstadium, das er auf das 17. und 18.
@@ -1817,8 +1817,8 @@ Produktionsapparate und dem demographischen Wachstumsschub des 18.
Jhs. verbreitern und vervielfachen sich die Konfliktlinien und lassen
dadurch die klassische, auf der Veranstaltung exemplarischer
Straffeste beruhende Souvernitts- und Abschreckungsmacht zunehmend
-unwirksam werden (1976, 110, 280).
-
+unwirksam werden (1976, 110, 280).
+

engen Rahmen herauswchst, in den sie durch die Institutionen der
Monarchie gebannt war, ist die Zeit, in der neue Verfahren und
@@ -1827,8 +1827,8 @@ dem Recht, sondern mit der Technik arbeiten, nicht mit dem Gesetz,
sondern mit der Normalisierung, nicht mit der Strafe, sondern mit der
Kontrolle, und die sich auf Ebenen und in Formen vollziehen, die ber
den Staat und seine Apparate hinausgehen" (1977, 110f.). Welche
-Verfahren sind hier gemeint?
-
+Verfahren sind hier gemeint?
+

Ancien Rgime beginnen sich Forderungen der Aufklrer nach
Humanisierung des Strafrechts und konomisierung der Strafgewalt in
@@ -1850,8 +1850,8 @@ perfekteres System der sozialen Kontrolle. Richter und Anklger,
eingeschlossen, dessen Sinn nicht in der schreckenerregenden
Wiederherstellung der Souvernitt, sondern in der
Wiederinkraftsetzung des Strafgesetzbuches bestehen soll (1976, 113,
-141).
-
+141).
+

Definition schuldig bleibt, meint im wesentlichen folgendes: Auf der
einen Seite haben wir es mit einer Kodifizierung und Rationalisierung
@@ -1871,8 +1871,8 @@ Korrelierung dokumentierbar wird. Durch die vielfltigen Praktiken der
berwachung und Kontrolle, der Einstufung und der Zuordnung bildet
sich, was Foucault als die andere, "dunkle" Seite des Rechtssubjekts
bezeichnet: das "Disziplinarindividuum", das von den neuen
-Machttechniken fabriziert wird (1976, 396).
-
+Machttechniken fabriziert wird (1976, 396).
+

Strafjustiz. Foucault sprt sie auf in der neuen Einstellung der
Gesellschaft gegenber dem Wahnsinn, welcher ausgegrenzt, interniert
@@ -1892,8 +1892,8 @@ Verdichtung der Diskurse und Identifikationsmechanismen, die allesamt
nur das eine Ziel haben: die Herstellung des durchschaubaren und damit
kontrollierbaren Individuums. "Die 'Aufklrung', welche die Freiheiten
entdeckt hat", schreibt Foucault, "hat auch die Disziplinen erfunden"
-(1976, 285).
-
+(1976, 285).
+

eng aufgefat werden. Sie darf, erstens, nicht allein auf die
Implementierung eines bestimmten Diskurstyps reduziert werden, denn
@@ -1920,8 +1920,8 @@ Wirkungen der Macht immer negativ zu beschreiben, als ob sie nur
'abstrahieren', 'maskieren', 'verschleiern' wrde. In Wirklichkeit ist
die Macht produktiv; und sie produziert Gegenstandsbereiche und
Wahrheitsrituale: das Individuum und seine Erkenntnis sind Ergebnisse
-dieser Produktion" (1976, 250).
-
+dieser Produktion" (1976, 250).
+

Macht in der modernen Form des Gefngnisses, wie sie seit 1830 unter
dem Einflu von Benthams 'Panopticon' (1787) Gestalt gewinnt. Als eine
@@ -1945,8 +1945,8 @@ Foucault zufolge um 1840, dem Erffnungsjahr der Jugendstrafanstalt
von Mettray, vollstndig ausgebildet ist, enthlt in gebndelter und
konzentrierter Form all jene Mechanismen der Normalisierung und
Disziplinierung, die seither zu Strukturmerkmalen der
-Disziplinargesellschaft geworden sind.
-
+Disziplinargesellschaft geworden sind.
+

Ausdehnung und Erweiterung: vom 'Kerker-System' der Gefngnisse und
geschlossenen Anstalten zu dem, was Foucault den 'Kerker-Archipel'
@@ -1970,15 +1970,15 @@ Formen der Regulierung ber, deren Hauptziel in einer Steigerung der
Funktionen liegt; und dieses Ziel wird zunehmend nicht nur mittels der
rigiden Anpassung der Individuen an die Norm erreicht, sondern
ebensosehr durch Anpassung der Norm an die individuellen Bedingungen
-durch die Verfahren der modernen Humanwissenschaften:
-
+durch die Verfahren der modernen Humanwissenschaften:
+

Beziehungen ihre Vollendung: Diese verluft von der Teilung der Welt zur Herstellung der Welt; diese wiederum vom Traum einer
mechanischen Imitation der Welt (durch Gesetze) zu dem einer Erzeugung von Organismen, von der Objektivierung der Welt auf
die Individuierung der Menschen. Der Akzent der Individuierung selbst wird dabei von der objektivierenden Kontrolle der Einzelnen
zur subjektivierenden Selbststeuerung und zur Manipulation von Gruppen verlagert. Der Vernderung der Gegenstandsbereiche
-entspricht die der Machttechniken, die Entwicklung von der Gewaltrationalitt zur Testwissenschaft" (Dauk 1989, 131).
-
+entspricht die der Machttechniken, die Entwicklung von der Gewaltrationalitt zur Testwissenschaft" (Dauk 1989, 131).
+

Subsumtion der Gesellschaft oder eines Teils derselben unter ein vorab
feststehendes Schema, sondern weit eher der Zirkel von Manipulation
@@ -1993,16 +1993,16 @@ gegenber Kant, wenn auch unter ganz anderen Voraussetzungen,
vollzogen hat. Wie wir sehen werden, rhren die Schwchen der Theorie
der Disziplinargesellschaft zu einem nicht geringen Teil aus der
Weigerung Foucaults, daraus die ntigen kategorialen Konsequenzen zu
-ziehen.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+ziehen.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

hervorgerufen hat, empfiehlt es sich, noch fr einen Augenblick bei
den Beziehungen zu verweilen, die sich zu hnlich gelagerten
@@ -2016,8 +2016,8 @@ Behandlung der Manufaktur, Berhrungspunkte zu Marx auf, ferner zu
Elias, zu Oestreichs Theorie der 'Sozialdisziplinierung' und nicht
zuletzt zum kritischen Marxismus von Lukcs bis Adorno, dessen
Zentralthema die Beziehung zwischen Warenform, Rationalisierung und
-Disziplinierung war18.
-
+Disziplinierung war18.
+

teils schlicht aus Unkenntnis, wie er selbstkritisch mit Bezug auf die
Kritische Theorie gesteht (1983), teils in bewuter Abgrenzung von
@@ -2037,8 +2037,8 @@ antithetische Fixierung auf diesen Subjektivismus, da er die
Mglichkeit einer nichtsubjektivistischen, um eine Theorie der
gesellschaftlichen Synthesis zentrierten 'globalen Geschichte', wie
sie in den oben erwhnten Arbeiten durchaus angelegt ist, an keiner
-Stelle in Erwgung zieht.
-
+Stelle in Erwgung zieht.
+

zu fllen. Macht, im Nietzscheschen Sinne eines lebensphilosophisch-
ontologisch verstandenen 'Willens zur Macht', avanciert fr ihn zum
@@ -2068,8 +2068,8 @@ Gegenkrften; und in erstarrter, blockierter Form, in der sich die
Macht zur 'Herrschaft' verfestigt hat (ebd. 38; 1985, 11). Man fhlt
sich an die Metaphysik Heraklits erinnert - freilich an eine Version,
in der der Logos nicht lnger Harmonie stiftet, sondern selbst zu
-einer Funktion des Kampfes geworden ist.
-
+einer Funktion des Kampfes geworden ist.
+

Konzept der Disziplinargesellschaft angreifbar gemacht. Die Kritik
richtet sich vor allem gegen den Reduktionismus, der dieses Konzept
@@ -2100,8 +2100,8 @@ dargelegt (Habermas 1985, 327; Fink-Eitel 1980, 67f.; Bambach 1984;
Taylor 1984). Weder fr die Eigenart normativer noch fr diejenige
kognitiver Mechanismen, so lt sich die Kritik resmieren, hat die
Machttheorie einen angemessenen Raum. Sie ist deshalb ungeeignet, die
-Komplexitt moderner Gesellschaften zu erfassen.
-
+Komplexitt moderner Gesellschaften zu erfassen.
+

Mechanismen zuerst zu sprechen, so ist Foucault zwar zuzugeben, da
eine ganze Reihe von Diskursen in der frhen Neuzeit mit politischen
@@ -2118,8 +2118,8 @@ und namentlich in einigen kontinental-europischen Lndern zu einer
weitreichenden Militarisierung und Brokratisierung fhrte, aus der
der well-ordered police state des 17. und 18. Jhs. mit seiner Politik
der Sozialdisziplinierung hervorging (Raeff 1983; Rassem 1983; Schulze
-1987).
-
+1987).
+

vermittelte politische Rationalisierung und deren Ausgreifen auf die
unterschiedlichsten Lebensbereiche beschreibt, ist ihm nicht zu
@@ -2140,8 +2140,8 @@ Mitteln", als eine Form "kriegerischer Herrschaft " und als
Marx es ausgedrckt hat, eine Welt der sachlichen
Abhngigkeitsverhltnisse im Gegensatz zu den persnlichen ist, eine
Welt, in der die Individuen "von Abstraktionen beherrscht werden,
-whrend sie frher voneinander abhingen" (Marx 1974, 81f.).
-
+whrend sie frher voneinander abhingen" (Marx 1974, 81f.).
+

Gesellschaft, der sich nach Marx bekanntlich so sehr anonymisiert, da
selbst der Kapitalist im Zuge der Entwicklung zum Aktienkapital als
@@ -2164,8 +2164,8 @@ solches Verstndnis schliet nicht aus, die Autopoiesis von
Wissenschaft und Technik ihrerseits als gesellschaftlich produziert
und durch die herrschende gesellschaftliche Struktur vermittelt zu
begreifen; wohl aber, sie wie Foucault auf ein bloes Machtspiel zu
-reduzieren.
-
+reduzieren.
+

Hinblick auf normative Mechanismen. Zwar fehlt der Begriff der 'Norm'
durchaus nicht in Foucaults Arbeiten, wie dies ja auch bei
@@ -2183,8 +2183,8 @@ zwanghaft fixierter Verhaltensschemata unterwerfen und dadurch
Stabilitt und Homogenitt des Herrschaftsgefges sichern.
"Disziplinarische Normalisierung", sagt Foucault, "ist der Entwurf
eines optimalen Modelles, die Operation der Disziplin besteht darin,
-die Leute an dieses Modell anzupassen" (1982, 8).
-
+die Leute an dieses Modell anzupassen" (1982, 8).
+

einfngt, die in den herkmmlichen Ideen- und Rechtsgeschichten
notorisch unterbelichtet bleiben; der Stellenwert, der ihnen in einer
@@ -2214,8 +2214,8 @@ Mensch soll nicht blo zu allerlei Zwecken geschickt sein, sondern
auch die Gesinnung bekommen, da er nur lauter gute Zwecke erwhle.
Gute Zwecke sind diejenigen, die notwendigerweise von jedermann
gebilligt werden; und die auch zu gleicher Zeit jedermanns Zwecke sein
-knnen" (Kant 1968, XII, 707).
-
+knnen" (Kant 1968, XII, 707).
+

anschlieen: einmal, weil die Ethik, auf der sie beruht, die
Sozialisation in eine abstrakte Gesellschaft zum Telos hat (Adorno, GS
@@ -2247,16 +2247,16 @@ Naturzustands, weil allein sie in jene inneren Reservate vorzudringen
vermag, die sowohl der Disziplinierung als auch der Kultivierung und
Zivilisierung als blo uerlichen Konditionierungsweisen unzugnglich
bleiben. Kant hat daher in der Moralisierung das hchste und zugleich
-am schwersten erreichbare Ziel der Erziehung gesehen:
-
+am schwersten erreichbare Ziel der Erziehung gesehen:
+

Artigkeit und Anstndigkeit. Aber, uns fr schon moralisiert zu halten, daran fehlt noch sehr viel. Denn die Idee der Moralitt gehrt
noch zur Kultur; der Gebrauch dieser Idee aber, welcher nur auf das Sittenhnliche in der Ehrliebe und der ueren Anstndigkeit
hinausluft, macht blo die Zivilisierung aus. So lange aber Staaten alle ihre Krfte auf ihre eiteln und gewaltsamen
Erweiterungsabsichten verwenden, und so die langsame Bemhung der inneren Bildung der Denkungsart ihrer Brger unaufhrlich
hemmen, ihnen selbst auch alle Untersttzung in dieser Absicht entziehen, ist nichts von dieser Art zu erwarten; weil dazu eine lange
-innere Bearbeitung des gemeinen Wesens zur Bildung seiner Brger erfordert wird" (Kant 1968, XI, 44f.).
-
+innere Bearbeitung des gemeinen Wesens zur Bildung seiner Brger erfordert wird" (Kant 1968, XI, 44f.).
+

pauschalisierender Rede von Normierung/Normalisierung besteht darin,
da es eine ganze Reihe von Forschungen zu integrieren vermag, von
@@ -2297,8 +2297,8 @@ empirisch entschieden werden kann. Da sie berhaupt aufgestellt und
mit plausiblen Argumenten untermauert werden kann, ist allerdings ein
Indiz fr die Notwendigkeit, den kategorialen Rahmen nicht dadurch von
vornherein einzuschrnken, da man Moralisierung auf eine Variante der
-Disziplinierung reduziert24.
-
+Disziplinierung reduziert24.
+

mu, sieht nicht gnstig aus. Die Machttheorie, die das Konzept der
Disziplinargesellschaft tragen soll, vermag diese Aufgabe nicht zu
@@ -2310,16 +2310,16 @@ und Handlung zurckfhrt. Sie verspricht eine neue,
nichttotalisierende Geschichte und totalisiert doch selbst, nur sehr
viel schlechter als etwa Marx oder Hegel, indem sie alle Differenzen
in den allgemeinen Nebel der 'Macht' auflst. Auf dieser Grundlage ist
- das Projekt einer Theorie der Disziplinargesellschaft undurchfhrbar.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+ das Projekt einer Theorie der Disziplinargesellschaft undurchfhrbar.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

in diese Richtung. Habermas, der sich gleichwohl von Foucaults
Analysen der kapillarischen Wirkungen der Disziplin fasziniert zeigt,
@@ -2334,8 +2334,8 @@ von Foucault entworfene "Zwangsmodell gesellschaftlicher Ordnung", das
im Ergebnis auf verblffende Weise mit Adornos Vision der verwalteten
Welt bereinstimme, sei unbrauchbar, weil in ihm die "normativen und
kulturellen Orientierungen der vergesellschafteten Subjekte" keinen
-Anteil an der sozialen Integration htten25.
-
+Anteil an der sozialen Integration htten25.
+

Disziplinargesellschaft so aktuell macht. Wie realittsnah Foucaults
Untersuchungen trotz ihrer theoretischen Schwchen sind, zeigt sich
@@ -2363,8 +2363,8 @@ Sozialitt gerinnen" (ebda; 455). Als deskriptiver Begriff ist das
Konzept der Disziplinargesellschaft also offenbar doch nicht vllig
unbrauchbar; und es gewinnt noch an berzeugungskraft, wenn man sieht,
wie bla und leer der von Habermas als Konterkategorie eingefhrte
-Begriff der Lebenswelt letztlich bleibt.
-
+Begriff der Lebenswelt letztlich bleibt.
+

ist zu negieren, soweit es sich zur Totalitt aufspreizt und sich als
Aussage ber das Ganze der modernen Gesellschaft prsentiert, wie dies
@@ -2395,8 +2395,8 @@ Essens auf das Niveau von fast food und die der Erotik auf dasjenige
von quickies herabgedrckt hat. Wie weiter oben gezeigt, gewinnen denn
auch seit einiger Zeit Theorien an Plausibilitt, die die Epoche in
geradem Gegensatz zu Elias im Zeichen einer skularen Entzivilisierung
-sehen.
-
+sehen.
+

ab. Nicht da moralische Codierungen an Prominenz verlren oder keinen
Einflu auf Interaktionen und Entscheidungen mehr ausbten. Ganz im
@@ -2409,8 +2409,8 @@ auf die sich pltzlich die Aufmerksamkeit richtet, immer wieder eine
neue Dummheit irgendwelcher Exekutiven, an der sich die Flamme der
Emprung entznden kann. Im Zeitalter des Satellitenfunks wchst die
Zahl der Ungerechtigkeiten mit den im Einsatz befindlichen
-Nachrichtenjgern und fhrt dem Dauerprotest immer neue Motive zu.
-
+Nachrichtenjgern und fhrt dem Dauerprotest immer neue Motive zu.
+

auch der brgerlichen Pdagogik des 19. Jhs. vorschwebte, mssen diese
Erscheinungsformen strikt getrennt werden. Die brgerlich-
@@ -2422,8 +2422,8 @@ Erziehungsmodell war jener von Riesman treffend beschriebene
innengeleitete Charakter, der sich an die Signale eines frhzeitig
internalisierten seelischen Kreiselkompasses gebunden fhlte und
dergestalt individuelle Autonomie mit gesellschaftlicher,
-prinzipiengesteuerter Orientierung verband.
-
+prinzipiengesteuerter Orientierung verband.
+

die Grundlage entzogen. Schon Freud registrierte, da nur eine
Minderheit ber ein steuerndes und lenkendes Gewissen verfgte,
@@ -2455,8 +2455,8 @@ Differenzierung, wenn und soweit sie sich als Formprinzip der
Gesellschaft durchsetzt, die Moral evolutionr abhngt und ideologisch
wie motivational disprivilegiert"27. Das Ende der Moral ist damit
nicht erreicht. Wohl aber jener Moralisierung, von der noch Kant
-trumte.
-
+trumte.
+

aus, die 'dunkle Kehrseite' der Moralisierung und Zivilisierung - die
Disziplin. Zu den klassischen totalen Institutionen - Kloster und
@@ -2498,8 +2498,8 @@ Organisationen abwickelt, ist Disziplin - die pauschale Anerkennung
und automatische Befolgung der Mitgliedschaftsregeln - zur Conditio
sine qua non geworden. Mit seiner berhmten Metapher vom 'stahlharten
Gehuse' hat Max Weber diese Entwicklung vor mehr als achtzig Jahren
-antizipiert.
-
+antizipiert.
+

oder 'strategischen Spielen' (Foucault) zu tun, sondern ist eine Folge
von Systemprozessen, die sich jeder interaktionistischen Deutung
@@ -2514,8 +2514,8 @@ Stoffwechsel mit der Natur von der Vermittlung durch die Zirkulation
von Waren abhngig machte; anstelle der direkten, familial, politisch-
herrschaftlich und religis begrndeten Bindungen eine indirekte
Synthese, in der die einzelnen ihre Verklammerung in das bergreifende
-Verflechtungsnetz erst auf dem Markt erfuhren.
-
+Verflechtungsnetz erst auf dem Markt erfuhren.
+

berzeugende Weise dargestellt. Er hat gezeigt, wie die Verdichtung
von funktionaler Differenzierung und Marktvergesellschaftung dazu
@@ -2543,8 +2543,8 @@ zirkulationsbegrndeten Formen von Wissen, Kommunikation und
Organisation; dagegen Formalisierung und Entwertung aller
'naturwchsig'-spontanen Kompetenzen, Denk- und Erfahrungsmuster.
"konomie der Zeit, darein lst sich schlielich alle konomie auf"
-(Marx 1974, 89).
-
+(Marx 1974, 89).
+

Foucault beschriebenen Verallgemeinerung der Disziplin zu suchen.
Natrlich beginnt die Geschichte der Disziplin nicht erst mit der
@@ -2586,16 +2586,16 @@ und sichert sich ihre Kontrolle und ihre Ausnutzung" (1976, 206). In
Wirklichkeit verhlt es sich genau umgekehrt: die Zeit wird nicht zu
einer Funktion der Macht, sondern die zur Systemzeit gewordene Zeit
produziert asymmetrische Handlungs- und Befehlsketten und generiert
-damit Machtrelationen, die das Verhalten der einzelnen determinieren.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+damit Machtrelationen, die das Verhalten der einzelnen determinieren.
+
+
+
+
+
+
+
+
+

Einwand erhoben, sie stelle zu einseitig die Aspekte der
Herrschaftssicherung und Verdinglichung heraus und verfehle damit die
@@ -2632,8 +2632,8 @@ hierin eine Strke der handlungs- gegenber den systemtheoretischen
Komponenten von Foucaults Analysen sieht, mchte ich allerdings die
These vertreten, da die Bercksichtigung der Subjektivitt in
organisierten Sozialsystemen nur zu einer Flexibilisierung, nicht aber
-zu einer Sprengung des Begriffs der Disziplinargesellschaft fhrt.
-
+zu einer Sprengung des Begriffs der Disziplinargesellschaft fhrt.
+

Komplexitt nicht mehr den gleichen Erklrungswert beanspruchen kann
wie zu Beginn des Jahrhunderts, als Weber seine Brokratietheorie und
@@ -2689,8 +2689,8 @@ eine mglichst weitgehend sozialem und technischem Reglement zu
unterwerfende, weil fr die organisatorische Ordnung gefhrliche
Strgre; sondern Subjektivitt ist eine wesentliche
Konstitutionsbedingung organisatorischer Ordnung gerade auch in
-hochtechnisierten Produktionsorganisationen" (1986, 86).
-
+hochtechnisierten Produktionsorganisationen" (1986, 86).
+

Abschnitt skizzierten Argumentation erforderlich, stellen sie jedoch
nicht grundstzlich in Frage. Auch wenn die Bedienung der zunehmend
@@ -2733,8 +2733,8 @@ besteht allenfalls darin, da sich nunmehr nicht blo die
Wissenschaftler und Ingenieure, sondern Teile der Arbeiterschaft
selbst in wissenschaftlicher Weise auf die Erfahrung bzw. die
Produktion beziehen und damit gleichsam von der passiven auf die
-aktive Seite des Abstraktifizierungsprozesses rcken.
-
+aktive Seite des Abstraktifizierungsprozesses rcken.
+

Unzulnglichkeiten seiner Machttheorie, auch nicht sehen knnen. Er
hat aber immerhin etwas davon geahnt, wenn er von der "Ersetzung eines
@@ -2750,8 +2750,8 @@ gedrngt wrde. Sondern genau umgekehrt: weil es, flexibler und
gleichsam dialektischer geworden, mit den Beitrgen der Subjekte
selbst rechnen kann, die, vom wissenschaftlichen Code geprgt, die
permanente Optimierung des Systems zu ihre eigenen Sache gemacht
-haben30.
-
+haben30.
+

Entwicklung sein, die Foucault unbeachtet gelassen hat, auf die ich
jedoch zum Schlu wenigstens hinweisen mchte, weil eine Theorie der
@@ -2800,16 +2800,16 @@ Disziplin, ihre Abkehr von einer bloen 'Gewaltrationalitt' (Dauk
1989, 131), nicht der Anfang eines Prozesses sein knnte, in dessen
Verlauf die Disziplinargesellschaft ihre eigenen Voraussetzungen
zerstrt. Allein mit den von Foucault bereitgestellten Kategorien wird
-diese Frage nicht zu beantworten sein.
-
- 
-
-
-
-
-
-
-
+diese Frage nicht zu beantworten sein.
+
+ 
+
+
+
+
+
+
+

der Auseinandersetzung mit Elias und Foucault deutlich, erfassen
wichtige Aspekte der modernen Gesellschaft. Fr eine Gesamtdiagnose
@@ -2817,8 +2817,8 @@ indes ist ihr Instrumentarium zu grob, ihr begrifflicher Zuschnitt zu
eng. Es ist deshalb an der Zeit, den Fokus zu erweitern und jene
beiden Theorien in den Blick zu nehmen, von denen wir uns in der
Kritik an Elias und Foucault vielfach leiten lieen: die Kritische
-Theorie und die Systemtheorie.
-
+Theorie und die Systemtheorie.
+

geschrieben worden: ber die unterschiedliche Auffassung von Handeln
und Kommunikation, von Wahrheit und Rationalitt. Nur selten aber, und
@@ -2828,8 +2828,8 @@ die moderne Gesellschaft und ihre Entwicklungstendenzen. Dabei ist
kein Feld von so zentraler Bedeutung wie dieses - stimmen doch beide
Theorien darin berein, da die Zukunft der Soziologie wesentlich
davon abhngt, ob es ihr gelingt, einen Begriff ihres Gegenstandes -
-der Gesellschaft - zu entwickeln.
-
+der Gesellschaft - zu entwickeln.
+

Berhrungsangst zu sprechen. Vordringlicher ist es, sie zu
durchbrechen, indem man den Gegenstand selbst in den Mittelpunkt der
@@ -2846,17 +2846,17 @@ Lernprozesse beider Theorien im Horizont einer sich anbahnenden
Konvergenz von Kritik und Affirmation. Der Vergleich wird sich auf
Adorno und Luhmann als die beiden Autoren beschrnken, bei denen die
Kritische Theorie und die Systemtheorie in ihrer 'Vollstufe'
-entwickelt sind.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
+entwickelt sind.
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
AAF 1. Jeder Anfang ist eine Vorentscheidung. Nach der Systemtheorie
ist mit Differenz zu beginnen, nach dialektischer Auffassung mit
Einheit. Folgte man der ersten Position, so wre man in diesem Fall
@@ -2870,8 +2870,8 @@ vom Ganzen als dem Unwahren sowie Adornos 'Generalverdacht gegen
Kommunikation' auf (Mrchen 1981, 231). "Alles, was heutzutage
Kommunikation heit, ausnahmslos, ist nur der Lrm, der die Stummheit
der Gebannten bertnt" (GS 6, 341). Der Dialog wre zuende, ehe er
-berhaupt eingesetzt htte.
-
+berhaupt eingesetzt htte.
+
Wir mssen also nach Art der Dialektik beginnen, mit Einheit statt
mit Differenz. Das ist weniger gewaltsam, als es nach dem ersten
Vorgeplnkel den Anschein haben knnte, bestimmen doch Adorno wie
@@ -2883,21 +2883,21 @@ Sozialsystem, das die letzterreichbare Form funktionaler
Differenzierung institutionalisiert" (1971, 15). "Modern society,
then, has to be described as a functionally differentiated system.
This is its main characteristic, the principle which generates its
-structures" (1984, 64).
-
+structures" (1984, 64).
+
Nicht anders sieht es Adorno. Gesellschaft, so verkndet er, sei
"ein Funktions- und kein Substanzbegriff" (GS 8, 349), Soziologie die
"Wissenschaft von den gesellschaftlichen Funktionen" (Adorno 1956,
23). Whrend sich archaische Gesellschaften nicht zuletzt durch ihre
nur geringe Arbeitsteilung auszeichneten, habe sich die moderne
Gesellschaft zu einem gigantischen Interdependenzzusammenhang
-entfaltet.
-
+entfaltet.
+
"Mit Gesellschaft im prgnanten Sinn meint man eine Art Gefge zwischen Menschen, in dem alles und alle von allen
abhngen; in dem das Ganze sich erhlt nur durch die Einheit der von smtlichen Mitgliedern erfllten Funktionen, und in dem
jedem Einzelnen grundstzlich eine solche Funktion zufllt, whrend zugleich jeder Einzelne durch seine Zugehrigkeit zu dem
-totalen Gefge in weitem Mae bestimmt wird" (ebd. 22; vgl. GS 8,10).
-AAF
+totalen Gefge in weitem Mae bestimmt wird" (ebd. 22; vgl. GS 8,10).
+AAF
Fr Adorno ist mit dieser Bestimmung allerdings nur erst ein
Aspekt der modernen Gesellschaft getroffen. Der zweite fr ihn
wichtige Aspekt ist, da Gesellschaft ebensosehr eine Relations-, ja
@@ -2919,8 +2919,8 @@ Althusser sogar das Prinzip der Determinierung in letzter Instanz
durch die konomie. Typisch aber ist, da in all diesen Konzeptionen
(von deren Unterschieden hier abgesehen werden kann) die Beziehung
uerlicher Natur ist, eine bloe Wechselwirkung zwischen ansonsten
-getrennten und nach eigengesetzlichen Regeln prozessierenden Sphren.
-
+getrennten und nach eigengesetzlichen Regeln prozessierenden Sphren.
+
Adorno bestreitet keineswegs die Existenz solcher autonomer
Sphren. Die bliche Formel, mit der er Bereiche wie Kunst oder
Wissenschaft charakterisiert, lautet, sie seien autonom und fait
@@ -2931,15 +2931,15 @@ durch die konstitutive Struktur der Gesellschaft, ihre objektive
'Wesensgleichheit' (Adorno 1973, 25), die in den Teilsystemen
erscheint und sie ipso facto als Schein, als Reflexionsbestimmung
durchschaubar macht. Was Adorno fr die Kunst notiert, gilt mutatis
-mutandis auch fr die brigen Bereiche des gesellschaftlichen Ganzen:
-
+mutandis auch fr die brigen Bereiche des gesellschaftlichen Ganzen:
+
"Die Frage nach der Vermittlung von Geist und Gesellschaft reicht weit ber die Musik hinaus, wo man sie allzu leicht auf die
nach dem Verhltnis von Produktion und Rezeption einengt. Gelten drfte, da jene Vermittlung nicht uerlich, in einem dritten
Medium zwischen Sache und Gesellschaft stattfinde, sondern innerhalb der Sache. Und zwar nach ihrer objektiven und subjektiven
Seite. Die gesellschaftliche Totalitt hat in der Gestalt des Problems und der Einheit der knstlerischen Lsungen sich sedimentiert, ist
darin verschwunden. Weil in ihr Gesellschaft sich verkapselt hat, folgt sie, indem sie autonom sich entfaltet, auch der
-gesellschaftlichen Dynamik, ohne auf sie hinzublicken, ohne direkt mit ihr zu kommunizieren" (GS 14, 409).
-AAF
+gesellschaftlichen Dynamik, ohne auf sie hinzublicken, ohne direkt mit ihr zu kommunizieren" (GS 14, 409).
+AAF
In der Bestimmung dieser Wesensgesetzlichkeit, die in den
Teilsystemen erscheint und diese dadurch als vermittelte konstituiert,
knpft Adorno an die klassische dialektische Theorie an, die die
@@ -2961,8 +2961,8 @@ durch ihre Arbeit das Leben der Gattung reproduzierenden Subjekte" ist
und daher primr als "Totalitt der Arbeit" konzipiert werden mu (GS
5, 267, 269). "Soweit die Welt ein System bildet, wird sie dazu eben
durch die geschlossene Universalitt von gesellschaftlicher Arbeit"
-(ebd. 272).
-
+(ebd. 272).
+
Von entscheidender Bedeutung ist nun allerdings, da sich dieser
Primat der Produktion unter brgerlichen Produktionsbedingungen auf
eine hchst paradoxe Weise uert: als Abstraktion der Produktion von
@@ -2976,8 +2976,8 @@ Adorno, "nicht erst in der wissenschaftlichen Reflexion, wird objektiv
abstrahiert; wird abgesehen von der qualitativen Beschaffenheit der
Produzierenden und Konsumierenden, vom Modus der Produktion, sogar vom
Bedrfnis, das der gesellschaftliche Mechanismus beiher, als
- Sekundres befriedigt" (GS 8, 13).
-
+ Sekundres befriedigt" (GS 8, 13).
+
'Tausch' in diesem Sinne meint mehr als eine konomische
Transaktion, meint mehr als den bloen Besitzwechsel konkret-
ntzlicher Gegenstnde. Der Begriff steht fr eine Gesamtverfassung,
@@ -3002,15 +3002,15 @@ Philosophie als 'Geist' bezeichnet wurde - eine Welt des Symbolischen,
der Stellvertretung, der Substitution, die alle Erscheinungsformen des
Sozialen, von der Zirkulation ber Recht und Staat bis zu den
subtileren Gestalten der Kunst, der Philosophie und der Wissenschaft,
-strukturiert.
-
+strukturiert.
+
"Den Vorwurf des Idealismus", schreibt Adorno, "hat nicht ein jeder zu frchten, der Begriffliches der gesellschaftlichen
Realitt zurechnet...Mag man, gegenber der leibhaften Realitt und allen handfesten Daten, dies begriffliche Wesen Schein
nennen, weil es beim quivalententausch mit rechten Dingen und doch nicht mit rechten Dingen zugeht: es ist doch kein Schein,
zu dem organisierende Wissenschaft die Realitt sublimierte, sondern dieser immanent...Der Tauschwert, gegenber dem
Gebrauchswert ein blo Gedachtes, herrscht ber das menschliche Bedrfnis und an seiner Stelle; der Schein ber die Wirklichkeit"
-(GS 8, 209).
-AAF
+(GS 8, 209).
+AAF
Diese Hervorhebung des Tauschverhltnisses ist von der
marxistischen Orthodoxie hufig als Rckfall in brgerliches Denken
kritisiert worden, als Unfhigkeit, ber den Standpunkt der
@@ -3041,8 +3041,8 @@ er Marx nher als alle postmarxschen Arbeitsmythologien, die die Rede
vom Scheincharakter der Zirkulation allzu wrtlich, nmlich
brgerlich-aufklrerisch nehmen. Die Einheit der brgerlichen
Gesellschaft ist keine Einheit der Arbeit, sondern eine des Wertes,
-der Abstraktion von der Arbeit.
-
+der Abstraktion von der Arbeit.
+
Diese Einheit aber, und damit kehren wir zum Ausgangspunkt zurck,
existiert nicht unmittelbar, sondern nur als Proze, als "eine
Einheit, die sich durch den Trennungs-, durch den
@@ -3062,8 +3062,8 @@ seinen einfachsten und abstraktesten Ausdruck gebracht. Der hier von
Adorno anvisierte Theorietypus liee sich am angemessensten als eine
'strukturalistische Systemtheorie' charakterisieren, die die
Einsichten des Strukturalismus und der Systemtheorie aufnimmt, sie
-aber dialektisiert und dadurch ihre Einseitigkeiten vermeidet.
-
+aber dialektisiert und dadurch ihre Einseitigkeiten vermeidet.
+
Es ist nur scheinbar ein Widerspruch hierzu, wenn Adorno an
anderer Stelle davon spricht, da sich das dialektische Denken
zunehmend von der Systemform entfernen msse, oder wenn er die
@@ -3093,20 +3093,20 @@ nur auf dem Boden des dialektischen Begriffs, auch wenn sie darauf
verzichtet, diesen im Einzelfall zu explizieren. Bei aller Kritik, die
Adorno an Hegels Identifikation des Systems mit dem absoluten Subjekt
gebt hat, hat er doch an der Notwendigkeit und Angemessenheit des
-Systembegriffs zu keiner Zeit einen Zweifel gelassen:
-
+Systembegriffs zu keiner Zeit einen Zweifel gelassen:
+
"Ist jenes Subjekt-Objekt, zu dem seine (scil. Hegels) Philosophie sich entwickelt, kein System des vershnten absoluten
Geistes, so erfhrt der Geist doch die Welt als System. Sein Name trifft den unerbittlichen Zusammenschlu aller Teilmomente und
Teilakte der brgerlichen Gesellschaft durch das Tauschprinzip zu einem Ganzen genauer als irrationalere wie der des Lebens,
selbst wenn dieser der Irrationalitt der Welt, ihrer Unvershntheit mit den vernnftigen Interessen einer ihrer selbst bewuten
Menschheit, besser anstnde. Nur ist die Vernunft jenes Zusammenschlusses zur Totalitt selber die Unvernunft, die Totalitt des
-Negativen" (GS 5, 324): eben die des Tauschs, der die Einzelnen einem ihnen fremden Gesetz unterwirft.
-AAF
+Negativen" (GS 5, 324): eben die des Tauschs, der die Einzelnen einem ihnen fremden Gesetz unterwirft.
+AAF
Da diese Negativitt das System, das sie konstituiert, zugleich
-in den Untergang treibt, wird weiter unten darzustellen sein.
-
-
-
+in den Untergang treibt, wird weiter unten darzustellen sein.
+
+
+
2. Der zentrale Stellenwert, den die dialektische Theorie dem
Systembegriff zuweist, hat ihr wenig Anerkennung bei derjenigen
Theorie eingetragen, die sich diesen Begriff fr ihre
@@ -3122,8 +3122,8 @@ entledigen sollte. Zwar konzediert Luhmann diesem Theorietypus das
gleichzeitig "die eigentmliche Schmalspurigkeit, die zu geringe und
zu unbestimmte Komplexitt, die Fixierung auf wenige Gesichtspunkte,
an die man mit vermeintlich eindeutigen Effekten Negationen anknpfen
-kann" (1982, 193).
-
+kann" (1982, 193).
+
Die Grnde fr diese abschtzig-distanzierende Haltung sind rasch
benannt. Die Theorie der brgerlichen Gesellschaft, sowohl in ihrer
affirmativen als auch in ihrer kritischen Gestalt, ist nach Luhmann
@@ -3157,8 +3157,8 @@ Apologeten der brgerlichen Gesellschaft zu erwarten noch von deren
Kritikern. Gefordert ist vielmehr eine grundlegende Neuorientierung,
die die Gesellschaftstheorie von anthropologischen und humanistischen
Prmissen abkoppelt und auf ein anderes, die Eigenstndigkeit und
-Eigenlogik des Sozialen bercksichtigendes Fundament stellt.
-
+Eigenlogik des Sozialen bercksichtigendes Fundament stellt.
+
Nun ist sicher nicht zu bestreiten, da ontologische Motive in dem
von Luhmann inkriminierten Sinne eine wichtige Rolle in der
materialistischen Dialektik spielen: nicht blo in den kruden
@@ -3179,8 +3179,8 @@ hochkomplexen Gefge verdinglichter und subjektivierter Bestimmungen
entfalten. Da Luhmann dies im brigen nicht ganz fremd ist, zeigt
sich an solchen Stellen, an denen er auf Marxsche Analysen (wie etwa
die des Geldes) rekurriert und ihnen "ihr volles Recht" bescheinigt
-(1980, 253f.).
-
+(1980, 253f.).
+
Luhmanns Vorschlag, die Gesellschaft unter Absehung von allen
empirisch-materiellen Elementen zu definieren, kann man unter diesen
Umstnden wohl kaum als die kopernikanische Revolution begreifen, als
@@ -3200,18 +3200,18 @@ ist Kommunikation und nichts als Kommunikation. Sie konstituiert sich
zwar aus den Erwartungen und Kommunikationen psychischer Systeme, geht
aber in dieser ihrer Genesis nicht auf, bildet "eine freischwebend
konsolidierte Realitt, ein sich selbst grndendes Unternehmen" (ebd.
-173), eben 'reine' Kommunikation.
-
+173), eben 'reine' Kommunikation.
+
"Ganz grob kann man das System der Gesellschaft charakterisieren als Gesamtheit der freinander zugnglichen,
-kommunikativ erreichbaren Erlebnisse und Handlungen. Kommunikation verwebt die Gesellschaft zur Einheit" (1981, 309).
-AAF
+kommunikativ erreichbaren Erlebnisse und Handlungen. Kommunikation verwebt die Gesellschaft zur Einheit" (1981, 309).
+AAF
Ersetzt man Kommunikation durch Zirkulation, so hat man exakt die
Marxsche These, nach der die brgerliche Gesellschaft ihre Einheit und
ihren Selbstbezug allein vermge der Ausdifferenzierung einer
eigenstndigen Sphre der abstrakten Allgemeinheit neben und auer der
empirisch-materiellen Dimension der Produktion und des Konsums
-herzustellen vermag.
-
+herzustellen vermag.
+
Die eigentliche Differenz zwischen Systemtheorie und Dialektik
liegt deshalb nicht darin, da die erstere Gesellschaft auf
Kommunikation reduziert und alle nichtkommunikativen Elemente, die mit
@@ -3236,12 +3236,12 @@ zugestehen; fr die moderne Gesellschaft dagegen erscheint ihm die
Struktur, von dieser Prmisse her durchaus konsequent, als gegenber
der Funktion von zweitrangiger Bedeutung. Die Einheit der modernen
Gesellschaft, so konstatiert er, existiere nur in der Differenz der
-Funktionssysteme:
-
+Funktionssysteme:
+
"sie ist nichts anderes als deren wechselseitige Autonomie und Unsubstituierbarkeit. Sie ist nichts anderes als die Umsetzung
dieser Struktur in ein Miteinander von hochgetriebener Unabhngigkeit und Abhngigkeit. Sie ist, mit anderen Worten, die dadurch
-entstandene, evolutionr hchst unwahrscheinliche Komplexitt" (1986, 216f.).
-AAF
+entstandene, evolutionr hchst unwahrscheinliche Komplexitt" (1986, 216f.).
+AAF
Diese Auffassung darf nun nicht so verstanden werden, als gebe es
nach Luhmann kein Gesamtsystem, als sei die Gesellschaft nichts weiter
als die Summe der von den Teilsystemen erfllten Funktionen. Auch
@@ -3263,8 +3263,8 @@ Kosten anderer Teilsysteme totalisiert: z.B. durch Einbau von
Beschrnkungen in die Reflexionsstruktur der Teilsysteme (1977, 245).
Insofern kann auch Luhmann von der "Einheit der Gesellschaft" sprechen
und Dimensionen angeben, in denen diese Einheit sich zeigt (vgl. 1974,
-147, 149; 1985, 37f.; 1986, 202, 205).
-
+147, 149; 1985, 37f.; 1986, 202, 205).
+
Der Unterschied zur dialektischen Theorie liegt darin, da diese
Einheit den Phnomenen uerlich bleibt, mit ihnen nicht vermittelt
ist. Gelangt fr Adorno die gesellschaftliche Determinierung in den
@@ -3281,8 +3281,8 @@ nicht in ihnen selbst, sondern nur in ihrer Umwelt, in der
Mannigfaltigkeit innergesellschaftlicher System-Umwelt-Differenzen.
Von hier aus wird die eigenwillige, der Auffassung Adornos kontrr
entgegengesetzte Deutung verstndlich, die Luhmann dem
-traditionsreichen Begriff der Integration verleiht:
-
+traditionsreichen Begriff der Integration verleiht:
+
"Mit dem bergang von segmentrer zu schichtenmiger und von schichtenmiger zu funktionaler Primrdifferenzierung
des Gesellschaftssystems ndert sich die Zugriffsform des gesamtgesellschaftlichen Systems auf die Teilsysteme; sie verlagert sich
von den Strukturen der Teilsysteme auf ihre innergesellschaftliche Umwelt. Die Gesellschaft kann bei zunehmender Komplexitt
@@ -3290,8 +3290,8 @@ immer weniger garantieren, da alle Teilsysteme unter gleichen Strukturen gleich
nicht bermig belasten. Integration mu vielmehr dadurch vermittelt werden, da alle Teilsysteme freinander
innergesellschaftliche Umwelt sind. Ein Teilsystem gehrt dann weniger dadurch der Gesellschaft an, da es in seiner Strukturwahl
sich nach den Erfordernissen, Werten oder gar Normen richtet, die fr alle Systeme gelten, sondern dadurch, da es sich an einer
-nichtbeliebig geordneten, als Gesellschaft garantierten und vorstrukturierten Umwelt auszurichten hat" (1977, 243f.).
-AAF
+nichtbeliebig geordneten, als Gesellschaft garantierten und vorstrukturierten Umwelt auszurichten hat" (1977, 243f.).
+AAF
Gegenber diesem Ansatz sind unterschiedliche Reaktionsformen
mglich. Man kann ihn in toto zurckweisen und von auen her, etwa vom
Standpunkt einer dialektisch-materialistischen Konzeption, monieren,
@@ -3310,5 +3310,5 @@ beredte Autor an dieser 'theoriebautechnisch' so wichtigen
Scharnierstelle in Schweigen hllt. Jedenfalls hat Luhmann
bemerkenswert wenig Energie daran gesetzt, den "Leerplatz" zu fllen,
den er schon 1970 an der Stelle einer den heutigen Verhltnissen
-angemessenen Theorie des Gesellschaftssystems entdeckte (1974, 152).
+angemessenen Theorie des Gesellschaftssystems entdeckte (1974, 152).
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